Raika Lana

Jason Bourne (2016)

by Radio Sonnenschein

Jason Bourne – Ein Comeback oder ein müder Aufguss?

Titel: Jason Bourne

Regie: Paul Greengrass

Erscheinungsjahr: 2016

Hauptdarsteller: Matt Damon, Alicia Vikander, Tommy Lee Jones, Vincent Cassel, Julia Stiles

Genre: Action, Thriller, Spionage


Worum geht’s?

Nach Jahren im Untergrund taucht Jason Bourne (Matt Damon) wieder auf – härter, schweigsamer und getriebener denn je.

Er wird von seiner alten Verbündeten Nicky Parsons (Julia Stiles) kontaktiert, die geheime CIA-Dokumente über Bournes Vergangenheit gehackt hat.

Was folgt, ist eine globale Jagd: Bourne gegen die CIA, angeführt von CIA-Direktor Dewey (Tommy Lee Jones) und Cyber-Spezialistin Heather Lee (Alicia Vikander).

Dabei geht es – natürlich – nicht nur um Bournes Erinnerungen, sondern auch um Überwachung, Kontrolle und die neue digitale Weltordnung.


Was ist neu – und was nicht?

1. Jason Bourne ist zurück… aber redet kaum:

Matt Damon hat im gesamten Film gerade mal etwa 25 Sätze Text.

Absicht? Stilmittel? Oder ein Zeichen dafür, dass der Film inhaltlich gar nicht so viel zu sagen hat?

2. Thema „Überwachung“:

Greengrass versucht, auf aktuelle Themen wie die Snowden-Enthüllungen und die Privatsphäre-Debatte einzugehen.

Aber seien wir ehrlich: Wirkt das nicht ein bisschen oberflächlich? Die CIA baut ein globales Überwachungsnetzwerk, doch die Kritik daran bleibt auf One-Liner-Niveau hängen.

3. Action:

Hier bleibt der Film stark. Besonders die Verfolgungsjagden (z. B. in Athen und Las Vegas) sind aufwändig inszeniert.

Nur: Fühlt sich das irgendwann nicht mehr nach „realistischem“ Thriller an, sondern eher nach einem Hollywood-Action-Setpiece, das genau weiß, dass es teuer aussieht?


Tiefe oder Oberflächlichkeit?

  • Bournes Identitätsfrage:

    Im Kern geht es erneut um Bournes Suche nach Wahrheit über seine Vergangenheit. Aber: Brauchte es dafür wirklich noch einen ganzen Film?

    Viele Antworten hätte er schon am Ende von Ultimatum gehabt.

    Hier wird der Konflikt erweitert: War sein Vater Teil des Programms? Hat er Bourne manipuliert?

    Hmmm… Klingt spannend, wird aber ziemlich schnell abgehandelt.

  • Heather Lee – eine interessante Figur?

    Alicia Vikander als CIA-Agentin mit eigenen Ambitionen ist einer der Lichtblicke.

    Aber auch hier: Wird ihr Charakter wirklich entwickelt – oder bleibt sie nur ein cooler Blickfang für eine Fortsetzung, die nie kam?


Fazit:

„Jason Bourne“ ist solide gemacht, bietet spektakuläre Action und spielt geschickt mit Nostalgie.

Aber: Der Film wirkt seltsam leer.

Man hat ständig das Gefühl, man schaue einem Schatten hinterher – dem Schatten eines Films, der einmal eine neue Art von Actionkino geprägt hat.

Provokante These:

Wollten Greengrass und Damon wirklich erzählen, was sie interessiert – oder war es am Ende doch eher ein pflichtschuldiges Aufwärmen, weil das Publikum es wollte?

 

Vergleich: Die Bourne-Filme – Stil, Story, Substanz

Film Regie Ton & Stil Fokus Kritische Betrachtung
Die Bourne Identität (2002) Doug Liman Düster, ruhig, stilvoll Gedächtnisverlust, Identitätssuche Setzt den Ton. Aber noch stark vom Agenten-Genre geprägt.
Die Bourne Verschwörung (2004) Paul Greengrass Hektisch, roh, dokumentarisch Vergeltung, Trauma, Systemkritik Wird politischer. Oder einfach nur kälter?
Das Bourne Ultimatum (2007) Paul Greengrass Noch intensiver, fast hyperaktiv Auflösung, Selbstermächtigung Gilt als Höhepunkt. Aber verliert sich fast in der Technik.
Das Bourne Vermächtnis (2012) Tony Gilroy Neuer Held, neue Drogenstory Biotechnologie, Kontrolle Meh. Viele Fragezeichen, wenig Spannung.
Jason Bourne (2016) Paul Greengrass Rückkehr zu Altbekanntem Datenüberwachung, Vater-Sohn-Thema Teilweise bemüht, wirkt fast wie ein Echo.

Fazit des Vergleichs:

„Die Bourne Verschwörung“ ist der Kipppunkt. Hier verlässt die Reihe die klassische Agentenstruktur und wird fast schon politisches Kino – zumindest oberflächlich. Danach wird’s technischer, schneller, aber auch beliebiger. Ironisch, wenn man bedenkt, dass der Held eigentlich langsamer werden müsste, je mehr er sich erinnert…


Roman vs. Film: Robert Ludlum vs. Hollywood

Die Romane von Robert Ludlum sind politisch, komplex, verschachtelt – und deutlich wortreicher. Bourne ist im Buch kein schweigsamer Einzelgänger, sondern ein zerrissener Intellektueller. Die Bücher spielen viel mit Identität, doppelten Realitäten und moralischen Grauzonen. Der erste Roman erschien 1980, also noch mitten im Kalten Krieg – das prägt die Atmosphäre.

Was Hollywood verändert hat:

  • Mehr Action, weniger Politik:

    Im Buch geht’s u. a. um Carlos, den Schakal – ein echter Terrorist. Die Filme haben diese Figur gestrichen. Warum? Zu kompliziert? Zu politisch?

  • Weniger psychologischer Tiefgang:

    Im Roman hadert Bourne viel mehr mit dem, was er war und ist. Im Film ist es mehr stille Wut. Funktioniert fürs Kino – aber es verliert Tiefe.

  • Figuren reduziert:

    Komplexe Nebencharaktere wie Dr. Washburn oder Bournes Mentoren wurden gestrichen oder umfunktioniert. Klar, filmisch verständlich – aber ein Verlust.


Abschließende Gedanken:

Die Bourne-Filme (v. a. Teil 2) sind vielleicht weniger „smart“ als sie wirken wollen, aber sie haben das Action-Genre merklich beeinflusst. Ohne Bourne? Kein Craig-Bond, keine nervösen Action-Kamerafahrten, kein grüblerischer Held im Mainstreamkino.

Aber: Reicht das, um sie als neue Klassiker zu feiern? Oder sind sie am Ende doch nur die bessere Version eines altbekannten Konzepts?

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