Raika Lana

Chefredakteurin Heidy Kessler auf RAI Südtirol: Nur schimpfen kann lebensgefährlich sein

by Radio Sonnenschein
Heidy Kessler Chefredakteurin Rai Suedtirol

Heidy Kessler – Chefredakteurin von Rai Südtirol – Foto: Karlheinz Sollbauer

Zur Zeit sind unglaubliche Gerüchte über Corona im Umlauf. Sie verdecken den Blick auf das wahre Dilemma.

Die Landesregierung trifft sicher viele falsche Entscheidungen, manchmal fährt sie einen Zickzackkurs und manchmal trifft sie die Entscheidungen zu spät. Es gibt viele Gründe, die Landesregierung zu kritisieren. Und die Kritik ist auch berechtigt. Was derzeit aber abläuft, hat weniger mit Kritik zu tun als mit gefährlichem Unsinn, meint Chefredakteurin Heidy Kessler auf RAI Südtirol:
„Kein Schullandesrat schließt gerne die Schulen. Kein Wirtschaftslandesrat legt freiwillig die Wirtschaft lahm. Kein Gesundheitslandesrat gibt gerne zu, dass das Gesundheitssystem am Kollabieren ist. Und kein Landshauptmann greift gerne zu unpopulären Maßnahmen und verhängt mit klammheimlichem Vergnügen einen Lockdown.
Der Landesregierung zu unterstellen, der Bevölkerung oder zumindest einzelnen Bevölkerungsgruppen bewußt schaden zu wollen oder an einem geheimen Plan mitzuwirken, dessen Ziel die Unterdrückung sein soll, ist blanker Unsinn. Pauschale und mehr oder weniger wahnwitzige Politikerbeschimpfungen gehören derzeit aber trotzem zum guten Ton. Daneben kursieren in Südtirol auch unglaubliche Gerüchte. So hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Krankenpflerginnen 500 Euro bekommen, wenn sie erzählen, dass die Krankenhäuser voll sind. In Wirklichkeit nämlich – so das Gerücht – seien die Krankenhäuser leer.  Die Angehörigen von Verstorbenen bekommen einem anderen Gerücht zufolge Geld, wenn sie behaupten, dass ein Familienmitglied an Covid verstorben ist, obwohl es eigentlich einen Herzinfarkt hatte.

Wieso glauben Menschen diesen Unsinn und erzählen ihn weiter?

Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Eine ist sicher die, dass  in dieser schwierigen  Situation viele das Bedürfnis haben, eine Person oder Gruppe zu finden und zu benennen, die die Schuld an der Misere  trägt. Jemandem die Schuld zu geben, kann sicher entlastend sein. Zudem gibt es Personen und Gruppen, auch Politiker oder ehemalige Politiker, die diesen Unmut bewußt befeuern und für die eigenen Zwecke nutzen. Das ist leider die Realität.

Das Schlimme an diesem Wust an Schuldzuweisungen, Verschwörungstheorien und Vorwürfen ist, dass sie den Blick auf die wahren Ursachen des jetzigen Dilemmas trüben. Für die Situation derzeit sind wir alle verantwortlich, die wir uns nicht an die Regeln gehalten haben. Aus der Notsituation befreien können wir uns nur, indem wir zur Kenntnis nehmen, dass es das Virus gibt, und uns dementsprechend verhalten. Nur auf die Politik zu schimpfen und das eigene Verhalten nicht ändern, ist gefährlich, für manche lebensgefährlich.“

Quelle: RAI Südtirol

 

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