Visitenkarten gehören zu den höflichsten Hilfsmitteln des Vorstellens. Die Europäische Allianz gegen Depression ist ein inzwischen weltweit gespanntes Netzwerk, das in Südtirol seit 2020 vom Gesundheitsbetrieb repräsentiert wird. Es fördert hilfreiche Aktionen, die vor Depression schützen, denn: 2030 wird die Depression laut WHO die bedeutsamste aller Krankheiten der Welt sein. Die Europäische Allianz gegen Depression hat eine neue Visitenkarte gebraucht, die das enthält, was immer wieder gegen Depression hilft: Möglichkeiten der Aussprache.
Dazu hat sie einen edlen Sponsor gesucht. Alle Rotarier Südtirols stellen sich unter der Leitung der Präsidentin Isabelle Prinoth vom Club Brixen-Bruneck geschlossen hinter das Projekt und garantieren finanziell und ideell die Herstellung der „Notfallkärtchen“, wie sie unter Insidern genannt werden, und einer neu aufgelegten Broschüre mit dem Titel „Depression – was tun“ in zwei Sprachen.
In einem zweiten Schritt geht es darum, die Visitenkarten so klug und kapillar zu verteilen, dass Notleidende sie in die Hände bekommen. Dazu dient eine diskrete Verteilung durch alle Rotarier über die Clubs: Jedes Rotary-Mitglied erhält die Möglichkeit, zwei Kärtchen pausenlos mit sich zu tragen.
Eines ist zum unauffälligen Weitergeben da, für Menschen, denen anonyme Gespräche helfen können. Das zweite ist für einen selbst da. Niemand weiß, wann er oder sie selbst in die Lage kommen, eben diesen Beistand zu benötigen. Und es ist ein Zeichen von Mündigkeit und Größe, das Schwinden der eigenen Kräfte zu bemerken und mit konkreter Hilfesuche zu beantworten.
In Südtirol sind es drei Hilfsorganisationen, die anonyme Telefonberatung für Menschen in Krise anbieten: Die Telefonseelsorge der Caritas, 0471 052052 rund um die Uhr deutschsprachig, telefono amico 02 23272327 täglich von 10 bis 24 Uhr italienischsprachig, und für Jugendliche Young and direct 0471 1551551 zweisprachig von Mo bis Frei, 14.30-19.30. Damit besitzen wir ein gut gestaffeltes, allerdings zeitlich optimierbares Netz an Anlaufstellen.
Das Rückgrat des Ganzen ist die pausenlos erreichbare Telefonseelsorge für deutschsprachige Anrufer. Telefono amico hat eine ausgezeichnete, aber doch kleinere Gruppe Freiwilliger, und schafft das noch nicht, ist dafür staatsweit gut vernetzt.
Als während des Lockdowns im Frühjahr 2020 auch die Telefonseelsorge nicht mehr ganzzeitig präsent sein konnte, weil Mitarbeiter ihre Häuser nicht mehr verlassen konnten, verdreifachten sich im Gegenzug die Anrufe bei der Notfallpsychologie und bei den psychologischen Diensten. Das war der Augenblick, als Südtirol die Telefonpsychologie entdeckte – bis heute sind wir davon nicht mehr losgekommen, die Tendenz zieht sich durch die gesamte Krisenzeit hindurch.
Sie hat längst auch die Psychiatrien erfasst, wo vorwiegend telefonisch Langzeitkontakte auch zu schwer Kranken gehalten werden – es ist einfach hilfreich für Betroffene, wenn Psychiater und Psychologen ihre Patienten anrufen. Den Therapeuten verschafft das viel Mehrarbeit, oft sind die Patienten ja nicht leicht erreichbar, man muss wiederholt anrufen, manchmal ist die Verbindung schlecht und das Gespräch stockt.
Aber jeder bemühte Kontakt ist viel besser als gar keiner. Und jeder Kranke weiß sich aufgewertet, wenn der Arzt ihn aktiv sucht. Inzwischen haben sich auch in den Psychiatrien 20 bis 30 Prozent mehr Patienten angesammelt – gerade häufig über Telefonbehandlungen. Die Coronakrise hat immense Folgen im wirtschaftlichen Bereich, und noch einschneidendere im psychosozialen.
Es ist deshalb sehr an der Zeit, auch die Fachdienste wieder zu entlasten, und Gesprächs- und Vertrauensanliegen, die nicht therapeutischer Natur sind, von den durch viele neue Patienten überlasteten Fachleuten wegzuhalten. Deshalb freut sich die Einsatzleitung PSYHELP für die psychische Bewältigung der Coronakrise ganz besonders, dass Rotary so aktiv ins Geschehen eingreift und die bekannten Notfallnummern neu verbreitet.
Eine große zusätzliche Hilfe stellt dabei die Apothekerkammer dar. Sie hat beschlossen, die Notfallkärtchen an alle Apotheken Südtirols zu verteilen, damit sie auch dort aufliegen. Das ist gelebte diskrete Hilfeleistung. Fachleute gehen davon aus, dass die Apotheken in der Coronakrise zu den Gesundheitszentren erster Wahl geworden sind, in denen sich die Bevölkerung Rat und Hilfe niederschwellig gerne holt.
Dort ist das Ansteckungsrisiko bei genauester Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln auch gering, die Bearbeitung der Anliegen, ob Rat, Medikamente, Tests, Schul- oder Ergänzungsmedizin, sehr zügig und effizient. Wer Zweifel an der Kur seines Arztes hat, befragt den Apotheker – er ist das Gewissen der Medizin. Dorthin gehören auch Hinweise auf anonyme Hilfeleistung durch Gespräche.
Roger Pycha
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