Zu den wichtigsten Folgen der Maßnahmen, die auf nationaler und europäischer Ebene ergriffen
wurden, um den schwerwiegenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Tourismus zu
begegnen, gehört die seit Wochen diskutierte Frage der Gutscheinlösung statt Rückerstattungen: Die
Europäische Kommission hat am 13. Mai ihre Empfehlungen an die EU-Mitgliedsstaaten veröffentlicht,
damit deren BürgerInnen das Recht auf Rückerstattung von Reisen anerkannt wird, die aufgrund der
Pandemie storniert wurden.
Tatsächlich haben mehrere EU-Mitgliedstaaten die europäischen Normen zum Schutz von Reisenden
erheblich geändert, indem die Mitgliedsstaaten die EU-Rechte durch nationale Bestimmungen
wesentlich eingeschränkt haben: Bei Annullierungen ist anstelle von Rückerstattungen die Ausstellung
des inzwischen viel diskutierten Gutscheins vorgesehen.
„Nur wenige Tage nach dem Europatag, der am 9. Mai begangen wurde, um den Beginn des
europäischen Integrationsprozesses zu feiern, scheint die Mahnung der EU-Kommission, die EUGesetzgebung zum Schutz der Reisenden zu respektieren, angemessener denn je. Es ist, als wolle sie
uns daran erinnern, dass die Vorteile, die die EU-Integration im Laufe der Jahrzehnte erreicht hat, nicht
ignoriert oder gar geleugnet werden können,“ sagt Milena Favretto, Beraterin im Europäischen
Verbraucherzentrum (EVZ) in Bozen.
Selbstverständlich ist ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen aller Beteiligten notwendig,
weshalb die EU-Kommission nicht beabsichtigt, die Gültigkeit von Gutscheinen als Kompromisslösung
in vollem Umfang in Abrede zu stellen. Allerdings ist es notwendig, dass dieses Instrument in der Lage
ist, den Reisenden in der EU ausreichende Garantien zu bieten.
Die EU-Kommission fordert daher erstens, auf nationaler Ebene eine angemessene Deckung
vorzusehen, um die so genannten Covid-19-Gutscheine gegen mögliche Insolvenzen der Dienstleister
abzusichern. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, den Gutschein zu einer verlässlichen und
sicheren Option für die VerbraucherInnen zu machen.
„Eine große Zahl von VerbraucherInnen die sich an das EVZ wenden“, erklärt Barbara Klotzner,
Beraterin im EVZ in Bozen, „möchte wissen, was mit dem Gutschein geschieht, wenn er innerhalb
eines Jahres nicht verwendet werden kann. Viele sind sich aufgrund der unvermeidlichen
Auswirkungen auf ihre finanzielle Situation oder in einigen Fällen sogar des Verlustes des
Arbeitsplatzes nicht sicher, ob sie innerhalb eines Jahres reisen können, und haben Angst, für immer
auf das Geld für eine Reise verzichten zu müssen, die sie nie nachholen werden können.“
Diesbezüglich hofft die EU-Kommission, dass nach Ablauf der Fälligkeit des Gutscheins eine
automatische Rückerstattung des Betrags erfolgt. Dadurch könnte auch der Gutschein selbst für die
VerbraucherInnen akzeptabler werden, da diese in diesem Falle die Gewissheit hätten, dass ihr Geld
nicht verloren ist, wenn nicht eine sofortige Barauszahlung verlangt wird.
Weitere Empfehlungen der EU-Kommission umfassen die Ausgabe flexibler Gutscheine, die ohne
zusätzliche Kosten leicht auf andere Reisende übertragen werden können und die von dem Reiseziel
oder der Dienstleistung, für welche die Reise ursprünglich gebucht wurde, freigegeben werden können,
oder auch die Möglichkeit, als Anreiz für die Reisenden die Gutscheine über einen höheren Betrag
als den ursprünglich gezahlten Preis auszugeben.
„Eine derart starke Einschränkung der Rechte der Reisenden könnte für immer einen großen
Vertrauensverlust der EU-BürgerInnen, nicht nur in die Wirksamkeit der europäischen
Schutzmaßnahmen, sondern auch in die Tourismusindustrie hervorrufen“, befürchtet Monika Nardo;
Leiterin des Büro in Bozen: „Wir hoffen daher, dass die Regelungen, Gutscheine als obligatorischen
Ersatz für Bargeldrückerstattungen vorzusehen, wie sie kürzlich auch in Italien angenommen wurde,
bald durch weitere Maßnahmen abgemildert werden, welche die Empfehlungen der Kommission
berücksichtigen, um eine faire Überwindung der gegenwärtigen Krise und ein erneuertes Vertrauen der
europäischen Reisenden zu gewährleisten“.
Weitere Informationen erteilt das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) unter
info@euroconsumatori.org.