„Wer hat meine Kleider gemacht?“, mit dieser Frage beschäftigen sich die oew-Organisation für Eine solidarische Welt und das Netzwerk der Südtiroler Weltläden am 14. Mai, dem Welttag des Fairen Handels, auf dem Bozner Musterplatz. Dort wird einen Tag lang eingefädelt, genäht, gewebt, gestrickt und verknüpft. Textilhandwerker*innen stellen ihre Arbeit vor und regen zum Nachdenken darüber an, welcher Aufwand für die Herstellung unserer Kleider betrieben werden muss und welche Menschen und Schicksale mit den billigen Kleidungsstücken in unseren Schränken verbunden sind.
Am internationalen Tag des fairen Handels surren auf dem Bozner Musterplatz die Nähmaschinen und die Spinnräder. Zwischen 10 und 13 Uhr lassen Textilhandwerker*innen ihre Nähmaschinen, Webstühle und Stricknadeln heiß laufen und erinnern daran, dass allen unseren Kleidern ein echtes Handwerk und viele Arbeitsstunden zugrunde liegen. Eine neue Ausstellung informiert über Missstände, Kinderarbeit und Ausbeutung in der Kleiderproduktion und zeichnet die komplexen Produktionsprozesse unserer Kleider nach: vom Anbau der Baumwolle, über das Färben und Nähen bis zum Verkauf in Europa. Und sie zeigt Alternativen auf.
Brigitte Gritsch, Koordinatorin der Südtiroler Weltläden weist auf die Möglichkeit hin, auch bei Kleidern fair gehandelte und nachhaltig produzierte Textilien zu wählen, denn „die Konsument*innen spielen die Hauptrolle und können durch ihr Konsumverhalten Veränderungen im weltweiten Produktionsprozess herbeiführen.“ Verena Gschnell, Bereichsleiterin für „Glokal Handeln“ bei der oew Welt erklärt, dass jedes Jahr weltweit 80 Milliarden Kleidungsstücke produziert werden. Auf die Erdbevölkerung aufgeteilt, würde das elf Teile pro Bewohner*in bedeuten. Die Menschen in Europa kaufen jedoch durchschnittlich 60 Kleidungsstücke im Jahr. „Kleidung ist zu niedrigsten Preisen zu haben, denn den wahren Preis dafür zahlen ausgebeutete Arbeiter*innen des globalen Südens“, sagt die oew-Mitarbeiterin.
Vor drei Jahren, am 24. April 2013, ist in Bangladesch die Kleiderfabrik Rana-Plaza eingestürzt. Dabei wurden mehr als 1.100 Fabrikarbeiter*innen getötet und über 2.400 verletzt. Zur Erinnerung an den bisher schwersten Fabrikunfall in der Geschichte der weltweiten Kleiderproduktion wurde der Fashion-Revolution-Day ins Leben gerufen. Aus diesem Anlass hatten oew-Organisation für Eine solidarische Welt und das Netzwerk der Südtiroler Weltläden im April in ganz Südtirol 80 Riesen-T-Shirts ausgehängt, die mit aufgedruckten Lebensgeschichten auf die unmenschlichen Bedingungen in der Kleiderproduktion hinwiesen. Der Aktionstag auf dem Bozner Musterplatz trägt diesen Gedanken weiter und veranschaulicht noch einmal, wie viel Geschick und Mühe die Herstellung von Textilien erfordern; Mühe, die meist in keinster Weise angemessen entlohnt wird.