Raika Lana

Selektiver Mutismus – wenn Kinder verstummen

by Radio Sonnenschein

Motreff10122012Gerade war noch alles in Ordnung, beim gemeinsamen Frühstück hat das Kind gelacht, geredet, erzählt. Auf dem Weg zum Kindergarten plaudert es mit der Mutter, dem Vater, zehn Meter vor dem Kindergarten verstummt es plötzlich. Im Kindergarten spricht es kein Wort, weder mit den Erzieherinnen noch mit den anderen Kindern, es beteiligt sich nicht am Spielen, weicht Blickkontakten aus, erstarrt. So haben es Christian Califano und seine Frau mit ihrer Tochter Chiara erlebt, sorgenvoll nach Gründen für das Verhalten ihrers Kindes geforscht und nach längerer Odyssee erfahren: ihre Tochter leidet an selektivem Mutismus.
Im „Montagstreff“ vom 10. Dezember berichtet Christian Califano nicht nur vom persönlichen Schicksal seiner Tochter, sondern informierte ausführlich über diese Störung und die Selbsthilfegruppe, die er in Südtirol gegründet hat.

Der selektive Mutismus, also das Verstummen in bestimmten Situationen, wird durch Angst verursacht. Die Angst des Kindes ist so groß, dass es unfähig ist, verbal zu kommunizieren, auch wenn es dies gerne möchte. Therapien können helfen mit der Angst umzugehen, zumindest non-verbal, manchmal auch verbal kommunizieren zu lernen. Allerdings werden in Südtirol bis dato keine entsprechenden Therapien angeboten, Chiara wurde bisher in Deutschland behandelt, mit sichtbaren Erfolgen. Heute ist sie sieben Jahre alt, besucht die Schule, zeigt sehr gute Leistungen, kommuniziert weiterhin wortlos, fühlt sich aber wohl und sicher im Schulalltag. Ihre Lehrerinnen unterstützen und begleiten Chiara, für ihre Klassenkameraden ist sie sowieso „eine von ihnen“ und voll integriert.
Chiara ist kein Einzelfall in Südtirol und so hat Christian Califano in diesem Jahr die Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit selektivem Mutismus gegründet und im November zu einem ersten Treffen geladen. Regelmässig will man nun zusammenkommen, sich austauschen, beraten. Ein Informationsabend für alle Interessierten Anfang November in Schlanders stieß auf großes Echo, unter den Besuchern waren Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen und auch Kinderärzte, der Informationsbedarf zu diesem Störungsbild ist offenbar hoch.
Die Ursache für die Störung liegt in einer genetisch verankerten Disposition zur Ängstlichkeit und Gehemmtheit. Ungewohnte Situationen und fremde Personen wirken auf betroffene Kinder so beängstigend, dass sie nicht mehr kommunizieren können. Es gibt verschiedene Therapieansätze, mit denen versucht wird, Ängste zu nehmen und den Weg in die Kommunikation zu ebnen. Wichtig ist es, die Therapie so früh wie möglich zu beginnen, da Ängste mit den Jahren wachsen und Phobien oder Depressionen entstehen können. In manchen Fällen ist auch der Einsatz von Medikamenten nötig.Wichtig ist es auch, die Kinder oft mit anderen Kindern zusammenzubringen, sei es auf dem Spielplatz, sei es durch Einladungen zum gemeinsamen Spielen zuhause.

Die Sendung mit vielen wichtigen Informationen kann man in unserem Download nachhören. Darüber hinaus beantwortet Christian Califano Ratsuchenden oder Interessierten
Fragen zum selektiven Mutismus gerne. Man kann ihn telefonisch unter 340 – 400 79 30 oder unter der email-Adresse tamachri@libero.it kontaktieren.
Das nächste Treffen der Selbsthilfegruppe ist im Frühjahr am Freitag, den 22.03.2013 um 19.00 Uhr in Schlanders geplant.

 
 
https://www.sunshine.it/montagstreff/motreff_101212.mp3  
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