Raika Lana

Die Athesia-Gruppe feiert ihr 130jähriges Bestehen

by Radio Sonnenschein

palcoItaliens Staatspräsident und die drei Landeshauptleute gratulieren

MERAN. Die 1888 in Brixen gegründete Verlagsanstalt Athesia*, heute ein von Bozen aus gesteuerter Medien- und Mischbetrieb mit über 1.500 Mitarbeitern an 33 Standorten in 14 Regionen und 4 Staaten, mit Aktivitäten auch in Sparten wie Telekommunikation, Energie und Tourismus und einem Jahresumsatz von 250 Millionen Euro, feierte heute mit einem Fest im Stadttheater ihr 130jähriges Bestehen. Prominentester Gast war Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella, flankiert von den drei Tiroler Landeshauptleuten Arno Kompatscher, Günther Platter und Maurizio Fugatti sowie Christoph Leitl, dem Präsidenten der europäischen Handelskammern.

Sergio Mattarella Michl EbnerDer geschäftsführende Gesellschafter der Athesia Gruppe, Michl Ebner, legte in seiner Rede vor 300 geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft ein Bekenntnis zu Europa ab. Athesia nutze die Chancen, welche aufgeklärte Politiker durch die weitreichende Autonomie Südtirols und die Öffnung der politischen Grenzen ermöglicht hätten: „Wir wollen als Unternehmen eine sprachliche und wirtschaftliche Brücke zwischen dem italienischen und deutschen Sprachraum sein – mit mediterranem Flair und nördlicher Gründlichkeit“.

AD EbnerMichl Ebner bedankte sich, wohl auch im Namen aller italienischen Verleger, beim Staatspräsidenten als „Garanten der Verfassung“. Er zitierte ausdrücklich Artikel 21 der italienischen Verfassung, der die freie Presse und die freie Meinungsäußerung schützt. Zuletzt hatten hohe Vertreter der Staatsregierung in Rom den Medien mit Einschränkungen gedroht, was eine heftige Debatte auslöste. Michl Ebner verwies in dem Kontext auch auf Artikel 6 der Verfassung, der die sprachlichen Minderheiten in Italien schützt.

Mattarella Martha EbnerEmotionaler Höhepunkt der Jubiläumsfeier war der Dank an Martha Ebner. Die Nichte von Kanonikus Michael Gamper*, der die Firma in den dramatischen Zwischen- und Nachkriegsjahren geleitet hatte, und Witwe des auf Gamper folgenden Athesia-Direktors und „Dolomiten“-Chefredakteurs Toni Ebner, ist mit 96 Jahren nach wie vor aktiv und arbeitet als Schriftleiterin der Zeitschrift „Die Frau“. Ihre 79jährige Firmenzugehörigkeit ist rekordverdächtig.

PresidenteDer Staatspräsident ergriff spontan das Wort, „außerhalb des vorgesehenen Ablaufes“, wie er selbst betonte. Sergio Mattarella unterstrich den hohen, von der Verfassung geschützten Wert der Presse- und Meinungsfreiheit, ging aber insbesondere auch auf den Minderheitenschutz ein: „Das erste Recht eines Menschen ist jenes auf Muttersprache, und ein Staat tut gut daran, dies als Vielfalt, als Chance zu erkennen. Deshalb ist der Minderheitenschutz in der italienischen Verfassung festgeschrieben, und die Republik muss im eigenen Interesse die Minderheiten auch gezielt fördern.“

Der Staatspräsident verwies dann auf gelebte europäische Integration: „Athesia ist mit Betrieben in Schleswig Holstein und auf Sizilien vertreten, und die hohen Berge in Südtirol sind nur scheinbar etwas Trennendes, in Wahrheit sind sie wie ein Reißverschluss, der Europa in seiner Vielfalt vereint.“ Das außergewöhnlich starke Bekenntnis zum Minderheitenschutz fand in den Medien italienweit Beachtung.

teatroDer Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti lobte, dass die Athesia-Gruppe nach Übernahme der italienischen Tageszeitungen „Alto Adige“ (in Bozen) sowie des „Trentino“ und des „L’ Adige“ (in Trient) die redaktionelle Eigenständigkeit respektiere und währenddessen alle übrigen Synergien exemplarisch nutze.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter sagte, Athesia sei mehr als ein reines Verlagsunternehmen, das versuche, wirtschaftlich erfolgreich zu sein: „Die Athesia war immer auch ein Haus, das gesellschaftliche Verantwortung groß geschrieben hat. Sie war und ist mediales Sprachrohr der Südtiroler und sie ist für uns Nordtiroler ein wichtiges, offenes Fenster in den Süden“.

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstrich die wirtschaftliche Bedeutung der Athesia-Gruppe, doch seien lokale Medien für sprachliche Minderheiten wie die deutsche und ladinische Volksgruppe in Südtirol von zentraler Bedeutung: „Sie schaffen ein breiteres Informationsfeld, vermitteln Zusammengehörigkeit und erfüllen insofern auch einen kulturellen Auftrag“.

Ihr Einsatz für den Minderheitenschutz und ihr Beitrag zur kulturellen Vielfalt in Europa seien unverzichtbar. Kompatscher hob den Einsatz von „Dolomiten“-Chefredakteur Toni Ebner beim Zusammenschluss der MIDAS, der europäischen Vereinigung von Tageszeitungen in Minderheiten- und Regionalsprachen hervor.

Zu den prominenten Gratulanten gehörte auch Christoph Leitl als Präsident von Eurochambers, der Vereinigung der Handelskammern in Europa.

Der Präsident der Athesia AG, Hochwürden Alois Müller, und der Bürgermeister von Brixen, Peter Brunner, gingen vor allem auf die Geschichte* der 1888 in Brixen gegründeten Verlagsanstalt ein.

*) siehe unten Werdegang von Athesia

 



1888 – 2018: kurzer geschichtlicher Werdegang der Athesia

Der Theologe Aemilian Schöpfer gründet gemeinsam mit christlich sozial gesinnten Männern, darunter Julius Mittermayr, Karl Stuchly und Ignatz Mitterer, 1888 in Brixen das „Katholisch politische Kasino für Brixen und Umgebung“. Es ist der junge, erst 30 Jahre alte Prälat Schöpfer, der die Idee einer Zeitung für Brixen lanciert und mit der Herausgabe der „Brixener Chronik“ auch umsetzt.

Weil es nicht einfach ist, die „Brixener Chronik“ wirtschaftlich zu führen, wird 1890 der „Katholisch Politische Preßverein“ gegründet. Der Erfolg stellt sich rasch ein. Nach nur drei Jahren gibt der Verein mit dem „Volksboten“ eine zweite, äußerst erfolgreiche Zeitung heraus, er kauft eine Druckerei an, eröffnet eine Buchhandlung und verlegt erste Bücher. 1899 wird auch in Bozen ein Preßverein gegründet, der unter anderem die Zeitung „Der Tiroler“ herausgibt, Vorgänger der „Dolomiten“. 1907 schließen sich die beiden „Preßvereine“ zur Tyrolia GmbH zusammen, eine der ersten Verlagsanstalten des Kaiserreiches.

Aufgrund der Teilung Tirols nach dem Ersten Weltkrieg wird auch das junge Unternehmen geteilt. Die Leitung des Südtiroler Zweiges im nunmehrigen Königreich Italien wird Kanonikus Michael Gamper übertragen. Er bietet den Diktaturen in Italien und Deutschland die Stirn und widersetzt sich vehement der 1939 durchgeführten Option. Der Druck des faschistischen Regimes wächst von Woche zu Woche und treibt das Unternehmen an den Rand des Ruins. Zweimal in Folge muss der Name auf Druck der faschistischen Regierung geändert werden, zunächst in Walther-von-der-Vogelweide-Verlag, dann in Athesia, die lateinische Bezeichnung der Etsch. Am 9. September 1943, einen Tag nach dem Einmarsch der deutschen Truppen, beschlagnahmen die Nationalsozialisten die Zeitung und lösen das Unternehmen auf.

Nur elf Tage nach Ende des Zweiten Weltkrieges, am 19. Mai 1945, erscheint die erste Ausgabe der „Dolomiten“. Die kleine Redaktion unter der Leitung der Hochwürden Johann Tschurtschenthaler und Rudolph Posch leistet Unglaubliches. Chefredakteur Posch verstirbt aber kurz darauf an den Folgen der Internierung im KZ Dachau, wohin er von den Nationalsozialisten im September 1943 verschleppt worden war.

Auch Kanonikus Michael Gamper kehrt aus dem Exil zurück und sorgt dafür, dass die Athesia ihren Betrieb im vollen Umfang aufnehmen kann. 1951 wird der Rechtsanwalt, Kammerabgeordneter Toni Ebner Direktor der Verlagsanstalt und nach dem Tode von Kanonikus Gamper 1956 auch Chefredakteur der „Dolomiten“. Es folgen äußerst schwierige, von Bomben geprägte Jahre. Toni Ebners Blattlinie ist eindeutig: jedwede Form von Gewalt wird abgelehnt und klar verurteilt.

Das politische Klima verändert sich zum Besseren nach dem Inkrafttreten des Zweiten Autonomiestatutes 1972. Nach dem allzu frühen Tod von Toni Ebner 1981 übernimmt Peter Plattner die Leitung des Unternehmens. Athesia stellt sich neuen, vor allem vom technischen Wandel geprägten Herausforderungen und eröffnet erfolgreich neue Geschäftsfelder.

Mitte der 90er Jahre übernehmen zwei Söhne von Toni Ebner, Michl und Toni, leitende Positionen im Unternehmen. Michl Ebner wird 1994 Direktor und Toni wird 1995 die Chefredaktion der „Dolomiten“ übertragen.

Ab 1999 wird das Unternehmen ausgebaut. Athesia übernimmt unter anderem die Druckerei Tyrolia in Innsbruck, die Kalenderverlage Harenberg, Heye und Weingarten in München und die Calendaria AG in Immensee im Kanton Schwyz. Damit erweitert sie ihre Markposition in den traditionellen Geschäftsbereichen (Druck, Verlag, Buchhandel) im deutschen Sprachraum.

Athesia setzt aber auch auf Diversifizierung und somit neue Tätigkeitsfelder wie zum Beispiel im Online-Bereich, im Tourismus mit den Reisebüros Alpina Tour Dolomit und Aveo Tours und den Schnalstaler Gletscherbahnen, im Sektor der erneuerbaren Energien und im ICT-Bereich mit der Brennercom AG.

Heute ist die Athesia die führende Verlagsanstalt in der Region Trentino Südtirol. Sie gibt nicht nur die „Dolomiten“ heraus, sondern nach Übernahme der Verlage SETA und INIT auch die italienischsprachigen Tageszeitungen „Alto Adige“, „Trentino“ und „L’Adige“. Dazu kommen weitere 20 Zeitungen und Zeitschriften und neun Online-Medien.

In all diesen Jahrzehnten ist die Athesia ihrer Linie treu geblieben, fest verwurzelt und verankert. Das Unternehmen besitzt und betreibt aktuell, 2018, 2 Druckereien, 17 Buch- und Papierhandlungen, Reisebüros mit 14 Schaltern, über ein Dutzend Photovoltaik- und Biomasse-Anlagen. Athesia beschäftigt 1.534 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 41 Gesellschaften an 33 Standorten in Südtirol, acht italienischen Regionen sowie in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Der Jahresumsatz der Gruppe beträgt rund 250 Millionen Euro.

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